«Vom Comic ‹versiechet›»

«Vom Comic ‹versiechet›»

Auf der Frontseite des Tages-Anzeigers kommentiert Felix Schaad regelmässig das Weltgeschehen. Neben den Farbkästen auf seinem Pult und dem Risiko mag der Cartoonist auch Rennräder.

Als Kunst würde der Oberwinterthurer seine Arbeit nicht bezeichnen, obwohl ein Cartoonist natürlich auch zeichnen können müsse. Wenn die Idee des Cartoons funktioniere, sei der Stil eher zweitrangig. Drei bis dreieinhalb Stunden braucht Felix Schaad für eine Zeichnung. Dazu gehören ein Briefing durch die Journalist*innen, deren Artikel er mit dem Cartoon kommentiert, das Erarbeiten der Idee und die Umsetzung. Zwei Zeichnungen macht Felix Schaad am Tag. «Das ist ein hohes Tempo», sagt er. «So kann man nicht lange ‹rummechen› an einer Zeichnung, ich habe keine Ausdauer für Fleissarbeit», gesteht er.

Das schönste an seinem Beruf seien die Farbkästen auf seinem Pult in der Redaktion. Trotz grossartigen, digitalen Möglichkeiten zeichnet er nämlich alle seine Cartoons noch auf Papier. Gebrauchs zeichnungen nennt er die Originale, weil sie durch die Korrekturen, die überklebten Stellen und die Kolorierung total gewellt und verzogen sind. Für den Druck werden sie eingescannt und in einem Bildbearbeitungsprogramm ‹geputzt›. Es habe seinen Reiz, dass man beim Zeichnen auf Papier nicht zwischenspeichern könne. «Volles Risiko», sagt der Cartoonist und grinst.

Als Zeichner tritt Felix Schaad in die Fussstapfen seines Vaters und Grossvaters. Dies war jedoch nur mit dem Umweg über ein Grafikstudium möglich, denn eine Ausbildung zum Illustrator gab es zum Zeitpunkt seiner Matura noch nicht. «Deshalb bin ich bis heute ein miserabler Techniker», sagt er. Dafür lernte er während seiner Zeit in der Werbegrafik, eine Botschaft in kurzer Zeit zu vermitteln. Ein Vorteil, zumal auch ein Karikaturist den Kampf um Aufmerksamkeit kennt. «Drei bis vier Sekunden hat man Zeit, die Leser*innen zu überzeugen, danach blättern sie um.» Die Linie setzt sich übrigens fort: Heute ist Felix Schaad selber Vater zweier Töchter, davon ist eine Illustratorin.

Das Zeichnen hat er sich selbst beigebracht, indem er bei den grossen Zeichner*innen abschaute. Durch die Freundschaft seines Vaters zu Diogenes-Gründer Daniel Kehl war Felix Schaad immer von sehr vielen Cartoon-Büchern umgeben. Daneben las er zum Ärger seiner Eltern auch viele Comic-Bücher, die im Gegensatz zu Cartoons aus mehreren Bildern bestehen und einen anderen Stil auszeichnen. Die grossen Nasen und kurzen Beine der Figuren in Felix Schaads Zeichnungen zeugen von seinen eigenen Anfängen im Comic. «Ich werde manchmal darauf angesprochen, dass meine Zeichnungen vom Comic ‹versiechet› sind», sagt er lachend. ‹Versiechet› deshalb, weil Comics als Bildgeschichten für Lesefaule bis in die 1980er-Jahre für Schund gehalten wurden. Nur Cartoons galten als wahre Kunst. «Durch den schlechten Ruf hatte man in diesem Genre eine grosse Freiheit», sagt er und fügt an: «Das vermisse ich manchmal fast ein wenig.»

Heute hat sich der Comic etabliert und auch in Winterthur eine lebhafte Szene entwickelt. Es sei schon auffällig, wie viele Zeichner*innen in dieser Stadt leben. Der gebürtige Eglisauer vermutet, dass dies an der Ruhe liegt, die die Stadt ausstrahlt. Man könne von Winterthur aus entspannt das Weltgeschehen mitverfolgen. «Das mögen wir Zeichner*innen.» Er stehe gerne beobachtend am Rand und kommentiere es in ausschweifenden Diskussionen mit Freund*innen.

Für den nötigen Abstand von der schnelllebigen News-Welt sorgt er mit Ausfahrten auf dem Rennrad. Den freien Kopf braucht er. Denn sich immer wieder etwas Neues aus den Fingern zu saugen, sei nicht zu unterschätzen. «Das zehrt an einem», sagt Felix Schaad. Je länger er als Karikaturist arbeite, desto mehr Zeit brauche er für einen Cartoon. Trotzdem geht er abends entspannt aus dem Büro: Die Zeitung ist im Druck und die Arbeit damit erledig

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