Jubiläumsfest und Preisverleihung der Goldenen Federn

Jubiläumsfest und Preisverleihung der Goldenen Federn

am 2. Dezember im Salzhaus, ab 19 Uhr, Eintritt: Pay what you can

Das Coucou wird zehn! Das feiern wir mit einer Ausstellung, Lesungen, Konzerten und der Preisverleihung der Goldenen Federn.

Das Kulturmagazin Coucou feiert seinen – oh ja! – zehnten Geburtstag. Zudem werden fünf Goldene Federn verliehen. Mit diesem Preis will das Coucou lokale Kulturschaffende, die vernetzen, musizieren, schreiben, gestalten und performen, sichtbar machen und ihrem Tun bestärken. In insgesamt fünf Rubriken werden im Laufe des Abends die für jede Rubrik eigens zusammengestellten Juries den Satz verkünden: «Und die Goldene Feder geht an …!»

Wir wollen an diesem Abend aber nicht nur Preise verleihen, sondern auch feiern. Deshalb sind die Nominierten – abgesehen von Livia Köller, Ramon Comi und Christian Stäheli, die als umtriebige Kuckucks das Jahr über viel Arbeit im Hintergrund leisten – auch gleich selbst Teil des Programms: Es erwarten euch Konzerte von den singenden Nachtigallen Clan des Dinos, Anger MGMT. und Omar Fra; Lesungen von den schreibenden Gänsen Francesca Petrarca, Tanja Polli und Daniel Fehr sowie eine Ausstellung mit Installationen von den performenden Paradiesvögeln Johanna Müller, Tobias Rüetschi und Strange Journeys und Werken von den schönen Pfauen Thi My Lien Nguyen, Claudia E. Weber und Daniel Bosshart. Kommt vorbei – wir freuen uns!

Die Rubriken:

Umtriebiger Kuckuck

Umtriebige Kuckucke bereichern und beleben Winterthur als Kulturstadt insgesamt. Sie fördern die Vernetzung der Kulturschaffenden untereinan-der, schaffen Plattformen oder leisten im Hintergrund Ausserordentliches.

Jury: Matthias Menzi (Programmmacher Kraftfeld & Akzent Festival), Amina Mvidie (Redaktion Kulturmagazin Coucou), Yael Textor (Redaktion Radio Stadtfilter)

nominiert: Ramon Comi, Livia Köller, Christian Stäheli

Singende Nachtigall

Als Einzelpersonen, als Bands oder als Kollektive überraschen singende Nachtigallen mit ihren Projekten im Bereich Musik, Klangkunst, Performance oder Musik-Produktion die Zuhörer*innen immer wieder aufs Neue. Sie haben Mut, experimentieren, brechen mit Konventionen und sind auf der Suche nach neuen, spannenden Formen von Musik.

Jury: Marc Bouffé (Hathors, Workingclass Studios), Livia Kozma (Hörmal-Verantwortliche beim Coucou), Ruedi Tobler (playmob.il, Egelpuff Studio)

nominiert: Anger MGMT., Clan des Dinos, Omar Fra

Schreibende Gans

Ob mit Prosa oder Lyrik, mit literarischen Projekten, Texten für Theaterstücke, mit Drehbüchern, mit Audio-Formaten wie Hörspielen oder mit Kritiken, Analysen und mit ausserordentlichen Hintergrund-Reportagen – schreibende Gänse regen mit ihren Worten zum Nachdenken über Winterthur und die Welt an.

Jury: Ruth Loosli (Lyrikerin), Maheli Rüfenacht (Buchhändlerin Obergass Bücher GmbH), Aleks Sekanić (Redaktorin und Liesmal-Verantwortliche beim Coucou)

nominiert: Daniel Fehr, Francesca Petrarca, Tanja Polli

Performender Paradiesvogel

In ihren Performances, Installationen, choreographischen oder filmischen Arbeiten setzen sich Paradiesvögel mit Fragen zum Verhältnis zwischen Rezipient*innen und dem Werk auseinander, hinterfragen konventionelle Bühnen-/Ausstellungssettings und erproben neue künstlerische Strategien im virtuellen oder öffentlichen Raum.

Jury: Liliane Hollinger (Leitung Kino Cameo), Matthias Sahli (Filmemacher), Audrey Wagner (Tänzerin, Choreographin, Co-Leiterin Tanzfestival Winterthur)

nominiert: Johanna Müller, Tobias Rüetschi, Strange Journeys

Schöne Pfauen

Schöne Pfauen setzen im Bereich Bildende Kunst, Fotografie, Design oder Installation neue künstlerische Akzente. Zudem brechen sie aus den bekannten Genres aus und eröffnen durch ihre Arbeiten neue Perspektiven auf gesellschaftlich wichtige Themen.

Jury: Jürgen Baumann (Künstler, Kurator), Eve Hübscher (Leitung oxyd Kunsträume), Miriam Rutherfoord (Bildredaktorin beim Coucou)

nominiert: Daniel Bosshart, Thi My Lien Nguyen, Claudia E. Weber

 

Die Nominierten:

DER UMTRIEBIGE KUCKUCK

 

Christian Stäheli 

Das habe er zuerst nachrechnen müssen, antwortet Christian Stäheli auf die Frage, seit wann er bei den Musikfestwochen und der Jungkunst mitwirkt. Die Antwort: Bei den MFW ist er seit 17 Jahren als Helfer und seit 13 im OK, bei der Jungkunst seit 13 Jahren als Helfer und seit 5 im OK dabei. Christian leistet vor und während der Veranstaltungen in den Ressorts Kollekte und Infrastruktur Stromversorgung (MFW) und in den Ressorts Infrastruktur, Sicherheit und Betriebsleitung (Jungkunst) viel Arbeit, die für das Durchführen der beiden Grossevents unabdingbar ist. Seine ehrenamtliche Tätigkeit lässt sich mit seinem Beruf als Elektroinstallateur und Geschäftsleiter einer Familienfirma insofern vereinbaren, dass er jedes Jahr dreieinhalb Wochen seiner Ferien für die MFW und Jungkunst abgibt. Zudem organisiert er Veranstaltungen bei Vereinen und hilft gerne mit, wo er kann – aus Freude daran, mit anderen zusammen etwas auf die Beine zu stellen und dann zu sehen, wie sich weitere Menschen darüber freuen.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

Livia Köller

«Winti macht Kunst» – und wie! Davon zeugt die von Livia Köller ins Leben gerufene Ausstellungsreihe, die 2018 erstmals im Zeughaus zu sehen war und seither jährlich im Salzhaus stattfindet. Nebst Fotografie, Malerei, Videoinstallationen und Performancekunst gab es bei «Winti macht Kunst» auch schon Modeshows, Poetry-Slam und Lyrik-Lesungen. Die vielfältige Auswahl kommt durch eine Ausschreibung und direkte Anfragen «glücklicherweise auf ganz natürliche Weise zusammen», sagt Livia, die die Ausstellungen organisiert – im Alleingang, aber «mit viel Unterstützung von Freund*innen, dem Salzhaus und vielen mehr», wie die 25-Jährige betont. Entstanden ist die Idee aus ihrem Wunsch heraus, Kunst- und Kreativschaffenden Sichtbarkeit zu verleihen, die sie sonst nicht erhalten würden. Nebst dem, dass sie somit eine wichtige Plattform für junge, noch unbekannte Künstler*innen in Winterthur geschaffen hat, hat Livia 2021 im Museum Schaffen einen Kunstmarkt mitorganisiert.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

Ramon Comi

Eigentlich arbeitet Ramon Comi bei einer Versicherung. In Winti kennt man den Softwareentwickler aber aus einem anderen Grund: Ohne ihn würde es hier nämlich kaum so viele Konzerte geben. In der Helvti ist er seit 2010 Teil der Kulturgruppe und hat dort unzählige Konzerte organisiert. In den letzten fünf Jahren eignete er sich zudem das Tontechnik-Handwerk an, um Bands selbst abzumischen. Seither steht er nicht nur in der Helvti, sondern auch im Gaswerk, im Kraftfeld, in der Villa K., am Sternen- und Bambole-Openair, am Stadtfilter-Fest auf dem Bäumli oder am Out in the Green Garden in Frauenfeld regelmässig hinter dem Mischpult – und bringt manchmal auch gleich die ganze Anlage mit. 2014 begann er, sein Tontechnik-Material auszuleihen – mit der Motivation, für mehr Menschen niederschwellige Möglichkeiten zu schaffen und das unabhängig von jeglichen Profit-Gedanken. Für Ramon ist Musik ein Ventil, «das zum Nachdenken anregt und Wut, Freude, Trauer oder Liebe auszudrücken vermag». Und damit dies öfters passieren kann, unterstützt er die Veranstalter*innen überall dort, wo gerade noch eine helfende Hand nötig ist – alles oftmals ehrenamtlich.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Sandra Biberstein

 

 

DER SCHÖNE PFAU

 

Daniel Bosshart 

Wer sich die Bücher von Daniel Bosshart ansieht, stellt fest, dass es sich hier nicht um klassisch erzählte Comics, sondern vielmehr um filmische Bildergeschichten handelt. Erkenntlich wird zudem die künstlerische Handschrift eines gelernten Architekten, der auch als Comiczeichner tätig ist – oder ists eher umgekehrt? Immer wieder lassen sich in den virtuosen wie akribisch gezeichneten Bildwelten Echos von Winterthur und seiner Architektur entdecken. Als jüngstes Beispiel davon zeugt Daniel Fehrs Erzählung «Die Kartenmacherin», die von Daniel Bosshart illustriert wurde. Nebst dem, dass Daniel im Coucou regelmässig mit dem «Coucousin» und gelegentlich auch mit Artikelillustrationen vertreten ist, sich beim Verein Comic Panel engagiert und beim 24 Stunden Comic in der Alten Kaserne mitzeichnet, hat er auf Social Media mit seinem «Corona-Tagebuch» ein Zeitdokument des Geschehens der vergangenen zweieinhalb Jahre geschaffen.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

Claudia E. Weber 

Installationen aus Pappe und Papier, Lichtmalereien, Gerüste im Freien, Holzskulpturen von Menschen – Claudia E. Weber beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, die in starren Räumen und Gebilden schlummern. Die 3D-Künstlerin fragt dabei nicht nur, in welchem Verhältnis Kunst und Raum zueinanderstehen, sondern auch, wie sich Menschen mit diesen Räumen auseinandersetzen. So auch bei der von ihr initiierten und mitkuratierten Gruppenausstellung «Mörsburg 2020 – Knarren im Gebälk – Kunst spielt mit Schloss», wo sie mit der Installation «Der rote Faden» diesen historischen Ort in eine neue Beziehung zur Umgebung und Gegenwart setzte. In der Installation «Inbox», eine Zusammenarbeit mit Mitkuratorin Lea Aeschbacher, stellten modelierte Kartonschachteln zwischen den alten Burgmauern die Frage nach dem Inhalt – nicht nur nach dem, der einst in diesen Verpackungen war, sondern auch nach dem der Kunst generell. Webers Werke waren 2022 unter anderem in der Gepäckausgabe Glarus und im Murg-Auen-Park Frauenfeld zu sehen.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

Thi My Lien Nguyen 

Ob 2020 an der Dezember-Ausstellung im Kunst Museum Winterthur, 2021 an der Jungkunst oder diesen Sommer in der Einzelausstellung «Three Grains of Rice and Some Gold» in der Coalmine – wer sich in Winterthur für Fotografie und visuelle Kunst interessiert, wird mit grösster Wahrscheinlichkeit schon mal Arbeiten von Thi My Lien Nguyen gesehen haben. In ihrer künstlerischen Praxis beschäftigt sich My Lien oft mit der Frage nach Zugehörigkeit, wobei ihr Interesse besonders post-migrantischen und/oder transkulturellen Familiengebilden gilt. Bei ihr stehen nie nur die Werke, sondern immer auch Gemeinschaft bildende Aspekte im Fokus: Aus dem Wunsch heraus, Geschichten zu teilen und zu hören, gemeinsam Fragen nachzugehen und sich auch Unstimmigkeiten zu stellen, gestaltet sie partizipative Performances, bei denen Menschen zusammenkommen. Oftmals findet dabei auch ein Essen statt, das Raum und Zeit gibt fürs Erzählen, Zuhören und Sich-Austauschen.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

 

DER PERFORMENDE PARADIESVOGEL

 

Strange Journeys 

Strange Journeys – so nennt sich der Verein der 15 Personen, die hinter dem Projekt «Schichtwechsel Halle 111» stehen. Inspiriert von interaktiven Theaterperformances, Escape-Rooms und Gesellschaftsspielen haben Strange Journeys ein neues Format geschaffen: ein Spieleabend, bei dem die Zuschauer*innen dazu aufgefordert werden, sich aktiv am Geschehen zu beteiligen und in Bezug auf gesellschaftliche Fragen mitzudenken. Da Strange Journeys der Bezug zu Winterthur am Herzen lag, haben sie für den «Schichtwechsel Halle 111» die Arbeiterstreiks, Konflikte und Ausschreitungen rund um die Firmen Sulzer und Rieter Anfang des 20. Jahrhunderts als historische Rahmenhandlung adaptiert. Nach zwei Jahren, in denen am Konzept getüftelt, Rätselräume entwickelt und geschätzte 2’800 Stunden Freizeit in das Projekt investiert wurden, führte der Verein mit der Unterstützung von 15 Schauspielenden im April 2022 eine (sehr rasch ausverkaufte) Veranstaltungsreihe durch.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

 

 

Performender Paradiesvogel // Johanna Müller

Als komplexes System aus Überlagerungen von virtuellen und analogen Räumen, Wegen und Beziehungen lässt sich Johanna Müllers künstlerisches Schaffen beschreiben. Sie selbst bezeichnet sich als «Internetflaneurin», die ziellos und schwankend im World Wide Web unterwegs ist und dabei aus dem wirren Sammelsurium von Internetphänomenen, Social-Media-Hypes und Games zahlreiches Material zusammenträgt. In ihren Video-Arbeiten, Installationen und Performances untersucht Johanna die Wechselwirkungen zwischen Internetraum und User*innen. Dabei erforscht sie die Kompetenz der Orientierungsfähigkeit, verschiebt immer wieder Bild- und Blickgrenzen und erschafft assoziative Mise en Scènes. Vor allem in ihren Video-Arbeiten fordert die Künstlerin die Betrachter*innen neu heraus, die geschaffenen Räume, Bilder und Erzählungen nicht einfach hinzunehmen, sondern sich selbst Gedanken zum Gesehenen zu machen und zu hinterfragen.

Bild: Lucas Ziegler // Text: Sandra Biberstein

 

 

Tobias Rüetschi

Es sei das Interesse an soziologischen Aspekten, das als roter Faden seine verschiedenen Tätigkeitsbereiche verknüpft, erklärt Tobias Rüetschi. Der Musiker ist bei mehreren Bands aktiv – Obacht Obacht, Carve Up!, Addicthead, Wohnung der Love –, leistet beim Plattenlabel und Musikkollektiv AuGeil Records einen Beitrag zur Vernetzung in der Schweizer Musikszene und arbeitet als Booker im Gaswerk. Zudem beschäftigt sich Tobias als Sound Artist mit der Frage, wie Musik entsteht und wie sie rezipiert werden kann. In seinen Installationen nimmt er Bühnensituationen auseinander, löst die Rollen von «Performer*in» und «Zuhörer*in» auf und trägt Phänomene aus virtuellen Räumen in physische hinein. Oft geht es dabei um die Frage, wie Technologie gesellschaftliche Strukturen verändern oder unterwandern kann. Da Tobias gerne auch digital arbeitet und künstlerische Arbeiten programmiert, kann es schon mal vorkommen, dass man sich beim kollektiven ASMR-Hören wiederfindet.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Aleks Sekanić

  

  

DIE SCHREIBENDE GANS

 

Tanja Polli

In Tanja Pollis Texten stehen die Menschen im Mittelpunkt – und zwar diejenigen mit unkonventionellen Lebensläufen oder prekären Arbeitsverhältnissen, die von Armut oder Ausgrenzung betroffen sind oder sich für das Wohl anderer einsetzen. Ihnen ungefiltert eine Stimme zu geben, treibt die Journalistin an. 1993 baute die Winterthurerin die Gassenarbeit in Winterthur mit auf und gab die Gassenzeitung Subita heraus. Seither schreibt sie – unter anderem für die Winterthurer AZ, den Tages-Anzeiger, «wir eltern» sowie den Beobachter, textet für Ausstellungen und veröffentlicht Bücher. Ihr Ziel ist es, nicht nur ein Bewusstsein für diese prekären Lebensweisen zu schaffen, sondern auch Verbesserungen anzustossen – so wie sie dies zum Beispiel mit den Büchern «Das Geschlecht der Seele / Transmenschen erzählen» (2013) und «Die Unsichtbaren, Sans-Papiers in der Schweiz» (2021) erreichte. Aktuell arbeitet die 52-Jährige am Drehbuch für ihr erstes Dokfilmprojekt, das von Sans-Papier-Frauen in der Schweiz handeln wird.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Sandra Biberstein

 

 

Daniel Fehr

Immer wieder neue Ideen für Geschichten zu finden, das ist Daniel Fehrs Alltag. Über dreissig Bilderbücher und Comics hat er bereits veröffentlicht. Viele der kurzen, aber stets prägnant formulierten Texte wurden in mehrere Sprachen übersetzt, unter anderem auch ins Chinesische. Verbunden mit Illustrationen stehen die Texte dabei nie für sich alleine, sondern schaffen im Austausch mit dem Bild neue, fantasievolle Welten, in die nicht nur Kinder gerne eintauchen. Erwähnenswert sind zwei Bilderbücher für Erwachsene: «Kaktus. Eine Wildwestgeschichte» hat er mit dem «Tages‑Anzeiger»‑Karikaturisten Felix Schaad entwickelt, «Die Kartenmacherin» entstand in Zusammenarbeit mit dem Architekten und Illustratoren Daniel Bosshart. «Bilderbücher sind die erste Form von Kunst und Kultur, mit der Kinder in Berührung kommen», sagt Daniel. Ihm sei deshalb auch die Vermittlung wichtig. Beim Schweizerischen Institut für Kinder‑ und Jugendmedien SIKJM organisierte er von 2018 bis 2021 den Schweizerischen Vorlesetag und liest selbst oft an Kindergärten, Schulen und Festivals oder in Bibliotheken. Zudem konzipiert er auch leidenschaftlich gerne Gesellschaftsspiele.

Bild: Lucas Ziegler // Text: Sandra Biberstein

 

 

Francesca Petrarca

Mit «No grazie, non fumo» hat Francesca Petrarca den italienischen Arbeiterinnen in Winterthur ein eigenes Denkmal gesetzt. In ihrem ersten Buch schreibt die 34-Jährige über ihre Nonna, die in den 1950er-Jahren aus der italienischen Stadt Isernia nach Töss gezogen ist. Dabei thematisiert die in Winterthur aufgewachsene Autorin nicht nur die Frage, wo man sich eigentlich zuhause fühlt, sondern auch das Altwerden und Sterben, das Erinnern, Vermissen und Loslassen. Feinfühlig beschreibt sie, wie das Leben ihrer Grossmutter in den Dingen, die sie von ihr geerbt hat, nach wie vor sichtbar ist – und wie sie den Dingen eine neue Aufgabe zukommen lassen muss, um sich von ihr zu verabschieden. Francesca Petrarca schreibt aber nicht nur, sondern entwirft mit nonsai, ihrem Studio für Gestaltung, auch Konzepte für Bücher, Kataloge, Broschüren und Magazine. Bei «No grazie, non fumo» gibt’s daher neben den zahlreichen Erzählungen auch Texte zur Geschichte von Saisonnier-Arbeiter*innen und Rezepte für Pastateig oder die leckere Sugo ihrer Nonna zu entdecken.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Sandra Biberstein

 

  

DIE SINGENDE NACHTIGALL

 

Clan des Dinos

Clan des Dinos sind die Punks der lokalen Rapszene. Sich selbst zu inszenieren, interessiert sie nicht, ihnen geht es um die Message. Als «Clan», zu dem mittlerweile neun kreative Köpfe aus Winterthur gehören, haben sie eine klare Haltung und bringen diese mit viel Charme und Wortwitz zum Ausdruck – ohne dabei moralisierend zu sein. Clan des Dinos nehmen kein Blatt vor den Mund, sprechen Tabus an und haben grössere gesellschaftliche Probleme im Blick. Die ersten Rap-Songs schrieben die Dinos für 1. Mai-Demos und Antifa-Rallys, 2020 formierten sie sich offiziell als Kollektiv und begannen an einem ersten Album zu arbeiten. Mit «Dinos for Future» erschienen am 1. Mai 2021 schliesslich zwölf Tracks, in denen sie in schonungslos ehrlicher Manier das Weltgeschehen analysieren. Das Kollektiv macht aber nicht nur Rap mit politischen Lyrics, sondern hat auch musikalisch eine eigene Handschrift: In den vielschichtigen Soundteppich hat Soundproduzent Gritibounce nämlich zahlreiche Themen und Motive eingewoben.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Sandra Biberstein

 

 

Omar Fra

Omar Fra ist einer der vielseitigsten Musiker der Stadt: Der Gitarrist, Sänger und Komponist spielt bei Death Of A Cheerleader, Soldat Hans, Garden In Time und bei den Penisbreasts. Mit dem neuen Trio Toggenburger Fra Käch sind im Dezember erste Konzerte geplant. Zudem tritt er solo auf, unter anderem mit experimenteller Musik. Auch bei diversen Theaterproduktionen wirkt er als Musiker mit. Daneben gibt er Gitarrenunterricht und arbeitet als Musikredaktor bei Radio Stadtfilter. Beim lokalhistorischen Hörspiel «Sidi 1910», das beim Radio & Podcast-Festival Sonohr den Publikumspreis gewonnen hat, war er nicht nur für das Sounddesign verantwortlich, sondern hat das ganze Hörspiel aufgenommen und gemischt. Seit kurzer Zeit nimmt er in seinem Studio 42 auch Bands auf: Mit No Me Coman arbeitet er gerade an neuen Aufnahmen, Obacht Obacht haben mit «Reality Check» im September ihre bei Omar aufgenommen Songs veröffentlicht.

Bild: Lucas Ziegler // Text: Sandra Biberstein

 

 

Anger MGMT.

Wütend zu sein ist nicht verkehrt. Das in Musik zum Ausdruck zu bringen auch nicht. Aber allzu oft bleibt es nur beim Zustand der Erregung, ohne dass dieser reflektiert wird. Die Band Anger MGMT. betreibt hingegen – wie es ihr Bandname verlauten lässt – aktiv Aggressionsbewältigung und reflektiert das, was sie wütend macht, indem sie in ihren Songs Themen zur Sprache bringt, die in unserer Gesellschaft noch immer tabuisiert sind: Angst, Depressionen, toxische Männlichkeit, soziale Ungleichheit. Sie zeigt damit, wie und was Männlichkeit in unserer Gesellschaft auch sein könnte – und verknüpft das mit energiegeladenem Postpunk und Alternative Rock. Die Bandmitglieder des 2021 gegründeten Trios sind keine Unbekannten in der lokalen Musikszene: Sänger und Gitarrist Nik Petronijević war lange mit Useless sowie seinem Soloprojekt King Contradiction unterwegs und engagiert sich als Mental Health-Aktivist beim Netzwerk Madnesst, Bassist Simon Hirzel spielt bei The Shattered Mind Machine und Daniele Brumana ist Schlagzeuger bei Megaton Sword und Forlet Sires.

Bild: Lucas Ziegler / Text: Sandra Biberstein